Ist der Mensch von Natur aus eher gut oder eher böse? „Im Grunde gut“ sagt der Historiker Rutger Bregman in seinem aktuellen – und lesenswerten – Buch, das in der deutschen Übersetzung diesen Titel trägt. Er weiß, dass er damit unseren Intuitionen krass widerspricht.
Natürlich lässt sich die Frage, ob der Mensch eher gut oder böse ist, so nicht sinnvoll beantworten. Es geht aber genauer. Diese Internetseite beleuchtet Aspekte einer evolutionären Moralpsychologie.
Was macht uns Menschen zu moralischen Wesen?
Wenn ich diese Frage früher als Religionslehrer, später als Lehrbeauftragter für Ethik, Schüler bzw. Studierende gefragt habe, kam als Antwort kam fast immer:
- durch die Erziehung, Sozialisation
- „weil Zusammenleben sonst nicht möglich ist“
- durch Religion und ihre Gebote.
Aber verfügt der Mensch nicht natürlicherweise über moralische Kompetenzen?
Der Sozialpsychologe Jonathan Haidt meint ja und macht sechs moralische Intuitionen aus, die Menschen aus allen Kulturen kennen und die darum eine natürliche – evolutionäre – Grundlage haben werden:
1. Wir können Mitgefühl empfinden
2. Wir haben einen grundlegenden Sinn für Gerechtigkeit bzw. Fairness
3. Wir sind kooperationsfähig und ‑freudig in „unserer“ Gruppe
4. Wir lieben Freiheit
5. Wir haben einen Sinn für Heiligkeit und Reinheit
6. Wir achten kulturelles Wissen und persönliche Autorität bzw. Kompetenz.
Wir verstehen viel davon, wie wir Menschen ticken, wenn wir diese sechs moralischen Kompetenzen verstehen. Wir begreifen dann aber auch, wo die Schwachpunkte des Menschen liegen, die wir nur durch Vernunft und Ethik überwinden können. Die Behauptung ist ziemlich stark: Menschen aller Kulturen haben sozusagen Rezeptoren für diese sechs Bedürfnisse, Gefühle, Intuitionen. Wir besitzen sozusagen über sechs Empfangskanäle (analog zu den Geschmacksempfindungen) für moralisch Relevantes.
Hier ein Vortrag über die moralischen Intuitionen und ihre Bedeutung für das Verhalten des Menschen: