Im Jahre 1968 schrieb der amerikanische Ökologe Garrett Hardin in der Zeitschrift „Science“ einen Artikel mit der Überschrift The Tragedy of the Commons – Die Tragödie der Gemeingüter. Es handelt sich um einen der meistzitierten wissenschaftlichen Artikel. Hardin warnte darin vor den Folgen der Überbevölkerung, konkret davor, dass alle Menschen Gemeingüter nutzen, ohne sich um ihre Ausbeutung, Verringerung und Degradierung Gedanken zu machen. Zu den Gemeingütern kann eine Weide gehören, die alle nutzen dürfen (Allmende), oder Wasser und natürlich die Luft. Hardin war pessimistisch: Warum sollte jemand die Zahl seiner Kühe oder Schafe begrenzen, wenn er sich davon kurzfristig mehr Ertrag versprechen konnte? Zumal die anderen Nutzer seine Zurückhaltung ausnutzen könnten. Was zu den Zeiten der Allmendewirtschaft zu Problemen führte, muss in der modernen Welt in der Katastrophe münden. Der Ausstoß von Treibhausgasen war noch nicht in Hardins Horizont, kann aber als Paradebeispiel seiner Prognosen dienen.
Es war die Ökonomin Elinor Ostrom, die in ihren Forschungen Gegenbeispiele für ein gelingendes Gleichgewicht der gemeinsamen Nutzung darstellen konnte. Sie erhielt dafür 2009 als erste Frau den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften.
Ostrom macht deutlich, dass Menschen sozial äußerst kompetent sind und darum Gewinn aus Kooperation schöpfen können. Dabei sind sie sehr wohl in der Lage, Egoisten in die Schranken zu weisen. Dies geschieht durch Klatsch und Tratsch, der hier eine sehr sinnvolle Funktion hat. Es geschieht aber auch durch humorvolle oder derbere Zurechtweisung, wenn jemand sich rücksichtslos verhält. Mit anderen Worten: Ostrom weist für Gemeinschaften und überschaubare Gesellschaften nach, was aus evolutionärer Sicht seit Robert Trivers Artikel The Evolution of Reciprocal Altruism von 1971 immer klarer geworden ist. Die hohe Sozialität des Menschen ist evolutionär stabil, weil sie sich zu schützen versteht und damit die Gewinne einer gegenseitigen Unterstützung und Hilfeleistung voll ausschöpfen kann: Der Mensch ist ein geborener reziproker Altruist.
Aber – und das ist ein großes Aber – dies alles gilt nur für den Nahbereich. Global fühlen wir diese wechselseitige Verpflichtung nicht. Wir sind zwar ansprechbar auf globale Wechselseitigkeit und können Fairness auch hier als Wert würdigen und affektiv anerkennen. Gleichwohl gehört eine ordentliche Portion rationaler Verallgemeinerungsfähigkeit dazu, eine globale Verantwortung für die Gemeingüter zu übernehmen und als das drängende Problem unserer Zeit zu erkennen. Wir befinden uns in einer entscheidenden Phase, in der es gelingen kann, in einen Wettlauf um Reduktion von Treibhausgasemissionen weltweit einzutreten – oder aber angesichts der bedrohlichen Entwicklungen in nationale und sonstige Egoismen zurückzufallen.